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Projektmanagement – Ein Rettungsring aus Blei

17.07.2017 - Blogartikel von Roland Schmidkunz

Projektmanagement – Ein Rettungsring aus Blei

Mit ein wenig Mut und Abkehr vom „Schema F" lassen sich Projektorganisationen in effiziente Teams, die Ergebnisse „in time" erreichen, wandeln.

Prolog
Dienstagmorgen, 10.00 Uhr. Die wöchentliche Besprechung der Kernprojekte ist angesetzt. Die Fortschritte sind zu gering, die Aussagefähigkeit der Projektmanager ist ungenügend. Der Projektleiter für ein großes Digitalisierungsprojekt kann seit Wochen keinen Fortschritt berichten, auf Rückfragen antwortet er ausweichend. Eigentlich gilt er als souveräner und gut strukturierter Manager, aber bei der Sitzung kommt er ins Schlingern und macht am Ende einen ziemlich verlorenen Eindruck. Der Termin läuft nicht zufriedenstellend.
Phantasie? Überzeichnet? Nein! Aber was sind die Ursachen? Sind unsere Unternehmen voll mit unfähigen und überforderten Projektmanagern? Definitiv nicht!

Aus unserer Beobachtung heraus, stellen uns hier die klassischen Projektmanagement Tools häufig ein Bein. Die Instrumente, die eigentlich dabei helfen sollen, ein Projekt planbar zu machen und gut strukturiert abzuarbeiten sind es, die meist die Schuld an dem Projektdesaster haben.

Den klassischen Projektplan verbieten!
Projektpläne sind leider oftmals das Papier nicht wert, auf dem sie gedruckt sind. Detaillierte und monströsen Pläne sollten durch zeitlich fest terminierte Liefergegenstände ersetzt werden. Dadurch wird das gesamte Projekt entschlackt, Termine werden gehalten und in der Regel werden dadurch tatsächlich 15-20 Prozent weniger Ressourcen gebunden.

Der Projektplan beinhaltet gleich zwei kritische Stolpersteine:

1) Die Aufgabenplanung:
Gerade bei Projekten mit explorativem Charakter, also solche bei denen etwas Neues umgesetzt werden muss, ist kein Projektmanager tatsächlich in der Lage belastbar zu sagen, welche Tasks das gewünschte Ziel in einem definierten Umfang erreichen, wie lange die Aufgaben dauern und welchen Aufwand sie haben. Meist werden grobe Annahmen getroffen. Was ist ein Plan wert, der weitestgehend auf Annahmen beruht?

2) Die Ressourcenabstellung:
Kaum ein Unternehmen verfügt endlos über frei verfügbare und hoch kompetente Projektmanager. Daher wird auf Fachabteilungsressourcen, die entweder die benötigte fachliche Expertise mitbringen oder schlicht die Aufgaben „wegschaffen", zurückgegriffen. Es ist fast unmöglich im Voraus zu sagen, welche Personen in welchem Zeitraum mit wie vielen Stunden an einer Tätigkeit arbeiten müssen oder können. Bedarfsschwankungen durch das operative Geschäft in Fachabteilungen lassen sich nicht vorhersehen und schon gar nicht schnell auflösen. Die Folge ist der zeitliche Verzug im Projekt.

Ich erlebe immer wieder, wie ein Projektplan durch genau die zwei beschriebenen Stolpersteine kollabiert und die gesamte Projektorganisation versucht, diese Planungsproblematik in der Auswirkung zu kompensieren.

Dieser Unsicherheit kann man sich entledigen, indem man das Projekt vom Liefertermin aus rückwärts durch die Beschreibung von zeitlich fixierten Liefergegenständen plant. Dies hat eine deutliche Reduktion der benötigten Projektressourcen, die sich sonst mit Planung und Absprache beschäftigen, zur Folge. Werden crossfunktionlae Teams zur Erarbeitung der Liefergegenstände zusammengestellt, so kann im Team gemeinsam überlegt werden, wie das jeweilige Teilziel erreicht werden kann. Dies setzt deutlich mehr Kreativität frei, als wenn ein Planer die Aufgaben am Reißbrett plant!

Auf standardisierte Projektberichte verzichten
Der Verzicht auf standardisierte Projektberichte steigert den Informationsgehalt von Statusmeetings oder Lenkungsausschüssen und rückt deutlich näher an die Projektgeschehnisse heran.

Standardisierte Projektreports sind ein schönes Instrument für vergleichbare Projekte/ Vorgehen und erleichtert dem Adressaten die Informationsaufnahme. Der wirkliche Status des Projektes sowie der Fortschritt ist nicht abgebildet. Zu starr sind diese Berichte, zu sehr der „Gleichmacherei" unterworfen.

Die entscheidenden Schlüsselfaktoren für explorative Projekte sind oftmals eher die weichen Faktoren. Bspw. hat Abteilung A endlich einen Weg gefunden, wie zwei Systeme mit geringem Aufwand miteinander „verschnittstellt" werden können, das Produktmanagement ist bereit, in einem Serviceprojekt einen aktiven Part zu übernehmen, die ersten „Big Data Analysen" wurden erstellt, allerdings klemmt es noch mit der Interpretation. Das sind die eigentlichen Erfolge im Projekt. Sicherlich Kernaufgaben der Projektleitung, aber am Ende sind es diese Themen, die ein Projekt aufhalten oder entschleunigen.

Bewährt hat sich die 5-10-5 Methode. 5 Themen werden vorgegeben, über die jedes Projekt informieren muss. Jeder Projektleiter berichtet 10 Minuten lang, weitere 5 Minuten können dann für Fragen und Antworten verwendet werden. Der Informationsgehalt der Statusmeetings verändert sich, alle Beteiligten haben einen deutlich besseren Eindruck vom Gesamtprojekt und können schneller steuernd eingreifen. 20 Minuten je Projekt sorgen für eine deutlich höhere Transparenz.

Tote Pferde reitet man nicht - Ressourcen freisetzen
Kennen Sie auch die "toten Pferde", die dennoch geritten werden sollen? Das sind Projekte, die sich totgelaufen haben und die sind völlig normal. Gerade bei den eher explorativen Projekten, die viel mit Innovation und Neuerungen zu tun haben, ist dies ein nicht ungewöhnlicher Prozess.

Warum also nicht auf ein frisches Pferd umsatteln!? Warum ein dahinsiechendes Projekt nicht zeitnah stoppen, die erarbeiteten Ergebnisse konservieren und einer breiten Gruppe zugänglich machen? Das setzt wertvolle Ressourcen frei und ist eine radikale, aber zugleich agile und effiziente Art, das Unternehmen zu fokussieren. Es geht doch darum, Marktdynamik abzubilden, Innovationskultur zu fördern.

Ein kreativer und ziehführender Ansatz ist das regelmäßige Ausrufen einer „Projektamnesie". Die laufenden Projekte werden auf den Prüfstand gestellt. Projekte, die definierte Kriterien nicht erfüllen, werden gestoppt. Die dadurch frei gewordenen Ressourcen können unmittelbar für neue Projektaufträge allokiert werden. Zwischen 20% und 30% der projektgebundenen Ressourcen können durch solch eine "Amnesie" freigesetzt werden.

Hellhörig geworden? Lassen Sie uns gerne darüber reden. Die ZEITEIST Beratungsmanufaktur versteht sich als Sparringspartner für derartige Überlegungen und verfügt über umfangreiche Erfahrungen auf dem Gebiet der Service Weiterentwicklung.

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